Eisenhuts Reise

Moldavien

Moldovian Honeymooners

Dienstag, 1. September 2009 um 21:09 Als ich heute nachmittag die Chisinau'sche Prominiermeile ablaufe fallen mir etlich junge Männer mit gehetztem Gesichtsausdruck und Blumen in der Hand auf, die alle zielstrebig in dieselbe Richtung rennen. Neugierig wie ich bin hab' ich gewartet, bis einer in meiner Leistungsklasse (…leicht schwitzend…) auftauchte und nahm die Verfolgung auf. Die Jagd endete am Eingang eines grösseren Parkes, wo auch schon ein paar andere mit Blümchen in der Hand herumsassen. Nach und nach kam zu jedem der Blumenbuben eine adrette junge Dame, es gab ein kurzes Küsschen, das Grünzeug wurde überreicht und man verschwand im Park. Jetzt wollte ich wissen wie das weitergeht und hab' mir das näher angeschaut: Im Park sassen ausschliesslich Pärchen, schmusend, knuddelnd, sich herzend. Errinerte mich ein bisserl an meine Schulzeit, nur waren die hier alle erwachsen. Süss! In anbetracht der Tatsache, dass ich dummerweise vergessen hatte etwas zum schmusen, knuddeln und herzen von zuhause mitzubringen (…hab' ich das Gas abgedreht?) machte ich mich auf den Weg zum nächsten Rosendealer. Man muss dazu wissen, dass ziemlich alle Moldauer Frauen Modelqualität besitzen, während die Burschen hier aussehen wie Automechaniker in der Mittagspause. Angesichts dessen, dass ich inzwischen aussehe wie ein Automechaniker auf Weltreise sah' ich meine Chancen nicht soo schlecht. Also setzte ich mich mit dem traurigen, in Frischhaltefolie eingewickeltem Gewächs, an den Eingang des Parkes. 2 Stunden später, nachdem verführerisch, lasziv, treudoof, bemutterungswürdig oder einfach nur blöd dreinschauen nichts brachte, die anderen Automechaniker aber immer noch abgeholt wurden, hatte ich die Nase voll. Ich schenkte die Priemel einer alten Zigeunerin, die mir hocherfreut einen Spaziergang im Park anbot. Ich überlegte kurz, lehnte dann aber ab. Es war inzwischen 7 und mir war nach Bier. Ich kaufte zwei Dosen Staropramen und setzte mich wieder an den Eingang vom Park. Zigarette im Mundwinkel, Dose gerade auf kamen sie. -Where do you come from, should i take a picture of you, should my friend take a picture of you and me, where are you gonna go tonight… Ich packte meine zweite Dose und ging zurück zum Hostel. Da warteten ein paar lustige Skandinavier.

Manchmal muss man eben Prioritäten setzen.

i.V.Mick

Event-/Fun-Koordination theRoute

Ukraine

Guesthousing Odessa, 5.9.2009

Sonntag, 6. September 2009 um 11:56 Es ist etwa halb zehn, ich träume noch so vor mich hin. Ein bisschen von Katja, der Guesthouseangestellten hier. Wir hatten viel Spass, etwas getrunken, und jede Menge gelacht… Plötzlich spüre ich eine Hand sanft auf meiner Hüfte. Ich öffne die Augen und da ist sie: Rote Haare, wundervolles Lächeln. Mit sanfter Stimme sagt sie: Mick, you've got to check out at 11 because there are 7 new guests waiting. Ich will gerade erklären, dass ich um die Uhrzeit noch nicht transportfähig bin da kommen sie schon: 7 Chinesen, zwar ohne Kontrabass, dafür aber alle mit aufgeklappten Notebooks. Stehen im Zimmer rum und wollen unsere Betten. Für mich ist das ja schon anstregngend, aber Ihr solltet 'mal die Buddies sehen, die gegen 9 von Arcadia zurückkamen. Kein schöner Anblick. Wie auch immer, Mike und Q., die Guesthousebesitzer wären wohl nicht die, die sie sind, wenn ihnen nicht eine Lösung einfallen würde. Jetzt ist ein 12 Bett Zimmer eben ein 18 Bett Zimmer. Sieht ein bisserl aus wie ein Flüchtlingslager, stört aber keinen. Die Asiaten wohnen eh gerne auf engstem Raum und die Arcadiagänger sind noch so besoffen, dass man die einfach nur irgendwoanders hinlegen mustte. Hier hat's im übrigen Sauwetter und gerade ist Dan aus Australien mit einem Bierf an mir vorbeigelaufen.

Au weia!

Georgien

Das Gefängnisschiff, Black Sea 9.9.2009

Samstag, 12. September 2009 um 11:00 Ich kann mich nicht erinnern, was ich getan habe, aber es muss etwas unvorstellbar Schlimmes, Unaussprechliches gewesen sein. Anders kann ich mir nicht erklären, wie ich hierhin geraten bin. Was auch immer geschehen ist, es muss am Donnerstag in Odessa passiert sein. Jedenfalls musste ich Freitag morgen zum Haftrichter, 160 USD Strafe bezahlen und meine Einweisungspapiere für das ukrainische Gefängnisschiff „MV Greifswald“ abholen. Er erklärte mir, dass ich per SMS Bescheid bekäme, wann ich mich zum Haftantritt zu melden habe. Sonntag abend erreichte mich die erste SMS: Haftantritt Mittwoch abend. Ich genoss meine letzten Stunden in Freiheit, als mich die Montag abend die zweite SMS erreichte: Haftantritt Dienstag mittag! Also auschecken im Guesthouse, ein flüchtiger Kuss von Nadja und Oksana und auf zum Strafantritt. Der Wegbeschreibung auf meinen Einweisungspapieren zufolge sollte ich mit dem 25er Bus Richtung Iljetchowsk fahren, bei der Tankstelle nach der Brücke, wo ein graues Schild stehen sollte aussteigen und mich zu der Meldestelle für ausländische Häftlinge begeben. Sollte ich in Iljetschowsk sein wäre ich zu weit gefahren. 3 25er Busse, die seltsamerweise immer wieder am Hauptbahnhof von Odessa endeten später erwischte ich zufällig den richtigen. Eineinhalb Stunden, 15 Brücken, 22 Tankstellen und ungezählte graue Schilder später war ich endlich in Iljechowsk. Also zu weit. Ich rief ein Taxi, zeigte ihm meine Papiere und der Fahrer brachte mich zu einer einsamen Bucht, wo, fantastisch getarnt, die schwimmende Haftvollzugsanstalt ankerte. Allerdings musste ich ja noch zur Meldestelle für Ausländer. Ca. 3 KM Fussmarsch später hatte ich die auch schon gefunden und trat ein:

Sie kommen zu spät! Ja, tut mir leid, aber die Wegbeschreibung… Ruhe! Hier Ihre Papiere. Danke, wo muss ich denn jetzt… Raus hier! Äh, ja, danke nochmal.

Also wieder runter zum Pier, ich sollte ja spätestens um 14.00 da sein, inzwischen war es 14.45. Auf meine Frage was ich denn nun tun sollte hiess es: Warten. Ich setzte mich in einem fensterlosen Raum auf meinen Rucksack. Ca. 23.00 Uhr kamen die Vollzugsbeamten, wir mussten unsere Pässe und Einweisungspapiere vorzeigen, wurden durchsucht, geröntgt, entlaust und in einen Gefängnisbus gesetzt. Dort sassen wir eine weitere Stunde. An der Pforte zur Hölle wurden uns dann unsere Papiere abgenommen, auf meine Frage, wann ich, jetzt endlich todmüde und bereit mich in mein Schicksal zu ergeben denn in meine 4 Mann Zelle könnte hiess es natürlich: Warten. Endlich kamen auch die anderen Schwerverbrecher und wir konnten in unsere Zelle. Ich habe die Burschen lieber nicht gefragt was sie angestellt haben sondern schlief stattdessen lieber mit einem offenem Auge. In der Nacht hörte ich Harry aus Schweinfurt noch ständig murmeln: „Oh Gott, wir kommen hier nie mehr raus, was hab' ich nur getan…“ 7 Uhr morgens legte das Schiff endlich ab um uns in unsere ungewisse Zukunft zu bringen. Um 8 Uhr kam eine unangenehme Stimme aus dem Lautsprecher über meinem Bett und ermahnte uns, dass es ab jetzt für genau eine halbe Stunde Frühstück gebe. Kalte Nudeln, ein Würstchen und Ketchup. Danach legte ich mich wieder in meine Zelle, da ich mehrmals ermahnt wurde, dass es verboten ist auf dem Gefängnisgelände herumzulaufen und keine weiteren Risiken eingehen wollte. 13 Uhr wieder die Stimme: Mittagessen, eine halbe Stunde! Es gab Leber, irgendeinen Brei und einen Apfel. Ich habe zwischenzeitlich heimlich per SMS die Deutsche Botschaft und Amnesty International verständigt. Sie erklärten mir, sie versuchen mich bis Freitag da herauszubekommen. Ich glaube inzwischen kein Wort mehr und denke an Flucht.

Georgia - the Facts (Watch out Lonely Planet, here i come!)

Samstag, 12. September 2009 um 21:29

1. Das Land: Georgien ist wunderschön, kein Wunder, dass der Vladi das gerne wiederhätte. (Sorry Alter, aber jetzt isses meins!)

2.Klima/Wetter: Es ist recht warm, es regnet und es scheint die Sonne. Das wechselt so ca. alle 10Min. Manchmal regnet es auch und gleichzeitig scheint die Sonne.

Der Georgier: …ist prinzipiell Lastwagenfahrer, war aber während der Sovjetzeit entweder Anwalt, Arzt oder Diplomat. …hasst die Russen abgöttisch und betont das ununterbrochen. (Komisch eigentlich, wo die doch zur Sovjetzeit alle so tolle Jobs hatten…) …trinkt zum Frühstück Wodka (…kein Witz!) …ist äusserst männlich (…zumindest was den Geruch betrifft.) …hasst Toiletten und liebt Treppenhäuser. Deswegen werden Toiletten prinzipiell nicht gereinigt und dafür ins Treppenhaus gepinkelt. Ich gewöhne mich langsam dran, meine Nachbarn werden sich freuen… …spricht Deutsch, weil er lange Jahre in Deutschland stationiert war. (Wo die die allerdings hinstationiert haben weiss keiner, nur Deutsch, so wie wir das kennen wurde da sicher nicht gesprochen.) …ist unheimlich kommunikativ: Ob Du gerade ein Buch liest, Walkman hörst, Dich mit jemand anderen unterhältst ist ihm dabei egal, weil er ja eh' auf georgisch mit Dir spricht und Du ihm schon 20mal erklärt hast, dass Du das nicht verstehst. …kümmert sich andauernd um Dich und macht dabei mehr verkehrt, als Du selbst das jemals schaffen würdest.

…ist letztendlich irgendwie drollig!

Die Georgierin:

…ist unheimlich hübsch. (das betonen auch die Männer permanet, man hat beinahe den Eindruck als wollten die die loswerden. Da ist was faul!) …telefoniert ununterbrochen am Handy. Wenn sie nicht telefoniert schreibt sie eine SMS. Tut sie zufälligerweise keines von beidem starrt sie Dich an. Schaust Du sie dann an freut sie sich, dass sie Dir aufgefallen ist und kann sich wieder ihrem Handy widmen.

Transport/Verkehr:

Georgier können überhaupt nicht Auto fahren. Marshrut (Sammeltaxi) fahren ist lebensgefährlich. Über die Strasse gehen ist lebensgefährlich. An der Strasse stehen ist lebensgefährlich. Eigentlich ist jedwede Teilnahme am Strassenverkehr lebensgefährlich (…und zwar für alle Beteiligten, das macht die Sache schon wieder irgendwie fair.) Georgische Autos haben keine Frontstossstange. Die, die noch eine haben sind ladenneu und selbst bei denen wackelt die schon. Mercedesse haben prinzipiell Vorfahrt. Das gilt allerdings nur so lange bis ein Landcruiser, Hummer oder ein anderer grosser SUV kommt. Da das die Mercedeslenker überhaupt nicht cool finden haben sie sich etwas einfallen lassen: Sie bauen blinkende Blaulichter hinter den Kühlergrill und werden begleitet von einem Polizeifahrzeug. Das sichert die Vohrfahrt gegenüber den SUVs. Da aber jeder zweite Benz hier so herumfährt bleibt die Vorfahrtsfrage wohl bis auf Weiteres ungeklärt. Motorräder sind ausnahmslos japanische Hochleistungsmaschinen, allerdings für hiesige Bedürfnisse modifiziert: Sie haben nur einen Gang, den sechsten, und der Motor lässt nur eine Drehzahl zu, die bei ca. 12000 U/min liegen müsste. Somit fahren Motorradfahrer innerorts immer mindestens 270 Km/h, was immerhin etwa 100 Km/h schneller ist als die anderen Verkehrsteilnehmer.

Architektur:

Georgische Bauwerke sind ausnahmslos schief. Das liegt sicher daran, dass der 90 Grad Winkel hier unbekannt ist. Sollte irgendetwas einmal versehentlich gerade sein wird es sofort eingerissen und neu und schief (…so wie sich das gehört!) wieder aufgebaut.

Ausgehen, Essen und Trinken:

Laut meiner Guesthousebesitzerin (eine ältere Dame, Ex-Deutschlehrerin) soll ich um 12 zuhause sein. (…schon recht, olle Hippe, schleich' ich mich halt rein, da hab' ich Erfahrung. Zefix, das Tor ist ja wirklich zu! Macht nix, das schaff' ich, hab' ja meine Trekkingboots an. Hehe, geschafft! Mist, jetzt hat die alte Hexe doch echt das ganze Haus verammelt. Hilft nix, muss ich wohl klopfen (Auweia, schon 4…). Klopfklopf! Raschelraschel! Tür auf. -Du bist spät! -Ja, äähh, ich hab' gar nicht auf die Uhr geschaut isses denn schon sooo… -Marsch, ins Bett und kein Licht mehr. -Jawoll, Mam. -Und zieh' die Strassenschuhe aus und die Hausschuhe an!)

Bier: Billig und gut. Essen: Günstig, gehaltvoll, lecker. Wein: Man sagt Georgien hätte die älteste Weinkultur der Welt. Da liessen wir, der schweizer Weinexperte Peter und ich, es uns natürlich nicht nehmen eine ausführliche Weinprobe vorzunehmen. Ob der Rebensaft nun erstaunlich, bemerkenswert, „um Gottes Willen“, oder einfach nur ungewöhnlich schmeckte konnte am Abend nicht erschöpfend geklärt werden. Die Wirkung war auf jeden Fall wie immer: Wir haben viel gelacht, auf dem Heimweg schwankte der Gehsteig und wir haben uns tierisch verlaufen. Das Übliche also. Was allerdings heute morgen mit uns geschah hat mit dem Wort Kater gar nichts mehr zu tun: Ich habe nie harte Drogen genommen, aber ungefähr so stelle ich mir das vor. Hochinteressant, beinahe psychadelisch. Uns wurden heute noch ein paar andere Degustationslokale empfohlen und im Zuge einer gründlichen Recherche sind wir natürlich zu Allem bereit.

More to come.

Ich liebe Georgien!

Azerbadijan

Die Sonne

Dienstag, 15. September 2009 um 13:48

Baku /Azerbadijan - Central Railway Station 10am

Greg aus CA.: Die Sonne steht im Norden, also muessen wir da lang. Mick: ???. Nene, das stimmt nicht! Es ist jetzt ungefaehr 10 morgens, das heisst die Sonne muesste im Suedosten stehen. Demnach muessen wir in die Richtung. Greg: Aha, und woher willst Du das wissen? Mick: Wie woher? Das ist halt so: Die Sonne geht im Osten auf, mittags steht sie im Sueden und abrnds geht sie im Westen unter. Greg: Und wann steht sie dann im Norden, Mr. Einstein? Mick: Eigentlich nie. Wenn sie im Norden stehen wuerde ist es Nacht, da siehst Du sie nicht. Greg: Bullshit! Mick: Ist jetzt auch egal, da geht's lang! Greg: Jawoll, Mr. Einstein!

Georgia - Epilog

Donnerstag, 17. September 2009 um 16:30 Dass der Travelblues irgendwann kommen musste war klar. Begonnen hat alles am gestrigen Sonntag: Nachdem ich wetterbedingt (es regnete in Strömen.) bis in den späten Nachmittag im Wohnzimmer der alten Deutschlehrerin herumlag stoppte der Regen kurzzeitig. Also gleich die Gelegenheit beim Schopfe gepackt und raus. Schliesslich musste ich meine kaputte Sonnenbrille ersetzen und meine Weiterfahrt nach Baku/Aserbadjan klären. Ich war noch nicht richtig aus dem Haus begann es wieder zu schütten, diesmal aber amtlich. Half doch nix, erstmal zum Markt und Sonnenbrille besorgt, anschliessend, tropfnass, zum Bahnhof. Nachdem ich eine halbe Stunde in dem trostlosen Gemäuer herumgeirrt bin war der entsprechende Schalter auch schon gefunden. Überhaupt, dieser Bahnhof: Seit der Erstausgabe des Lonely Planet Georgia befindet der sich im Bau. Das müssten jetzt so 8 Jahre sein. Wer das Ding mal gesehen hat den wundert das aber auch nicht. Da wird an einem Ende gewerkelt, während was eigentlich schon fertig ist wieder einstürzt. Sehenswert! Wie auch immer, in der Hoffnung mein Visum rechtzeitig zu bekommen buchte ich den Overnight- Sleepingtrain erste Klasse. Beim bezahlen fiel mir auf, dass das mein letztes Georgisches Geld war. Ja, müss' ma halt wieder abheben. Blöderweise fiel mir zeitgleich auf, dass meine EC-Karte nicht mehr da war. Das war allerdings ganz sicher meine eigene Schuld, die flog schon dauernd so lose in meinem Geldbeutel herum. Irgendwann wollte ich mir deswegen noch was einfallen lassen, das brauchte es jetzt nimmer. Da Sonntag war und ich die vage Hoffnung hatte sie bei der letzten Abhebung im ATM vergessen zu haben wartete ich ab bis es Montag war um mich bei der Bank zu erkundigen ob das Ding die dann wieder eingezogen hat. Schon etwas entnervt kaufte ich mir ein paar Bier in einem Biergarten im strömenden Regen. Zuhause angekommen stattete mir mein einziger Mitbewohner noch einen Besuch ab. Da wir gerade so nett plauderten entschlossen wir uns im Supermarkt gegenüber noch ein paar Bier zu kaufen. Weil's aber schon nach 12 war mussten wir aus unserer Behausung erst aus- und dann wieder einbrechen. (Logischerweise auch von Hausschuhen auf Trekkingboots und umgekehrt wechseln.) Travellertypisches Bierblabla zog sich natürlich wieder so stellte ich mir um 3 den Wecker auf 8 und konnte den nächsten Tag kaum erwarten. Als dann heute morgen der Wecker klingelte hatte ich einen öden Geschmack im Mund, rote Augen und eine Scheisslaune. Also mit der U-Bahn zur Bank. Das U-Bahn System im Tbilisi ist übrigens echt tourifreundlich: Du wirfst oben am Eingang eine Münze ein und und kannst dann so lange kreuz und quer herumfahren, wie Du im Untergrund bleibst. Da ich die Georgischen Haltestellennamen nicht lesen kann fuhr ich prinzipiell zunächst in die falsche Richtung. Erst wenn die freundliche Stimme aus dem Lautsprecher die nächste Haltestelle ansagt weiss man, dass man eben wieder falsch ist. An der Bank angekommen kam die Antwort mit der ich gerechnet hatte: Natürlich nicht! Ab zu Mc D., frühstücken. Nich weil mir das so toll schmeckt sondern wegen deren W-Lan. Die Internetcafes in Tbilisi haben nämlich den Charme von Bahnhofsklos. Zudem war ich vorgesten so unvorsichtig im Internetcafe zu erzählen was ich beruflich mache und von da an die halbe Nacht damit beschäftigt die Quadratschädel irgendwelcher anwesendser Vierschröter mit weltbekannten Supermodels zusammenzucomposen. Als Belohnung gab's Vodka und der Photoshop war auf russisch. Spassiba! OK, Kontostand gecheckt, sah so aus wie immer, also nicht gut aber nicht so als hätte sich da zwischenzeitlich jemand bedient. Kartensperrnummer herausgesucht, Handy raus, angerufen, geht nicht. Meine Laune näherte sich dem Gefrierpunkt. Gottseidank gibt’s Skype, HVB angerufen Karte gesperrt. Puh! Weiter im Text, ich brauchte noch das Visum für Azerbadian. Das Konsulat war wieder hervorragend versteckt, es stand eine Menschentraube davor und es wurde immer später. Öffnungszeit von 10-12! Der Securityheini wollte wissen ob ich ein Visum brauche, ich bejahe, er gibt mir ein Formular, ich zückte einen meiner feschen Edelstahlkugelschreiber, er bewunderte ihn, ich schenkte ihn ihm und durfte sofort rein. Jawoll, geht doch! Der Visumvergabechef sah sich meinen Antrag an und meinte: - Hmm, Mediaoperator? (Warum schreib' ich Volldepp das immer?? Nächstes Mal bin ich Klempner!) You can have the Visum at 4 - Uff, that's very late, my train leaves at 5. Is there a possibility to get it earlyer, maybe more expensive? Would be no problem. - You booked the train whitout having a visa? - Äh, yes… - How do you pay? - Hmm, ist Dollars okay? - Yes, it's 90. Do you need a reciept? This would take some time. - Nono, no reciept. - OK, Mr. Eisenhut we have nothing with your country, your visa should be ready at 12.30. Others wait much longer. - I know, fuckin russians! - You say it! Obwohl das recht gut geklappt hat war ich immernoch ernorm genervt. Schliesslich musste ich nochmal zurück, die blöde Karte war nun eben weg und überhaupt… Da waren dann noch einige andere Sachen die meine Laune nicht eben verbesserten: Ich musste ca. 5 Strassen überqueren, was in Tbilisi ca. 45 konkreten Mordanschlägen entspricht. Sobald man als unwürdiger Fussgänger nämlich deren heiligen Asphalt betritt weichen die Autofahrer nicht aus sondern latschen auf's Gas und visieren Dich an. Nachdem ich dieses Tun mit Mittelfingern und Drohgebärden quittierte und das in wort- und gestenreichen Auseinandersetzungen endete stellte ich fest, dass die Fussgänger sich genauso verhielten: Wenn man beim Herannahen anderer Fussgänger nicht gleich aus dem Weg springt (…womit man dann wieder auf der Strasse wäre und überfahren wird…) folgt unweigerlich eine Kollision. Da ich aber irgendwie keine Lust zu springen hatte schlecht aufgelegt und in Eile war muss man sich meine Fortbewegung als Fussgänger heute wie in the Verve's Video „Bittersweet Symphony“ vorstellen. Recht körperlich halt. Noch kurz geduscht, ab zum Zug. Dass die erste Klasse hier ein Witz ist, mein Abteilgenosse schwitzt wie ein Wasserfall und die Grenzer mich alles auspacken liessen (…und wir sind noch bei der Ausreise…) ist doch logo. Aber der eigentliche Grund warum dieser Tag so scheisse war….

….Ich darf einfach nicht um 8 Uhr aufstehen!!

Da ist der Wurm drin! Samstag, 19. September 2009 um 13:07 …ein ganz dicker, schleimiger, wiederlicher, ekelhafter..

19/9/2009, Baku/Azerbadijan (!)

Nach einer ordentlichen Verabschiede vorgestern bestieg ich den Nachtzug zur Azerbadijanisch/Iranischen Grenze in Astara. Nach dem ueblichen, 10stuendigen Kasfuss- und Lautschnarchcontest erreichte ich gut geschuettelt den Bahnhof von Astara. Die Sonne lachte, ein Stueck war's noch bis zur Grenze. Der nette Taxler begleitete mich noch bis zur Azerbadijanischen Grenze, Goodbye und wenig spaeter stand ich im Niemandsland zwischen den beiden Staaten. Dann wurden die Einreisewilligen erstmal in eine Art Gatter gepfercht. Die Schlange war genau so wie man das erwartet: Unglaubliches Geschrei ueberall, riesige Gepaeckstuecke, Kinder, Huehner und Schweine werden ohne sichtbaren Sinn in der Gegend herumgereicht, jeder draengelt wie's gerade geht und die Grenzbeamten werden voellig offensichtlich mit Geldscheinen eingedeckt als seinen sie Stripperinnen in Vegas. Da es nicht so aussah, als wuerde ich recht bald drankommen holte ich meinen Pass hervor da mich ein Detail an meinem Iran-Visum schon in Muenchen stutzig machte: Unter „from“ und „to“ stehen zwei Daten: Unter„'from“ das Austellungsdatum einst im Mai und unter „to“ ein Datum 3 Monate spaeter, also August. Als mir das in Muenchen auffiel bin ich sofort zur Visaagentur geradelt, wo mir die freundliche Dame versicherte: „Ja, das sieht ein bisserl komisch aus bei dem iranischen Visum, das stimmt aber so: Das erste Datum ist das Ausstellungsdatum, das zweite sagt ab wann es gueltig ist, also ab August 3 Monate lang.“ „Aha, echt?“ „Ganz sicher, wir machen das dauernd.“ Ploetzlich kam ich doch dran. Der erste Grenzer schaute sich cool meinen Pass an. Weil ihm alle anderen Geld gaben bot ich ihm auch welches an, aber meines wollte er nicht. Der zweite Grenzer war ueberraschend freundlich, laechelte mich an sagte „welcome“ und widmete sich dann meinem Pass. Ich wusste was er sagen wuerde in dem Momet wo er die Seite mit dem Visum aufsschlug: „Sorry, your visa is expired. Look, from may to august, it's september.“ (Aaaahrghhh!!!) „You must go back to baku, get a new one and come back here…“ Wenigstens blieben die Azerbadijanischen Grenzer umgaenglich als ich mit meinem Single-Entry Visum ein zweites mal in ihr Land einreiste. Wieder ein Taxi zur Bushaltestelle, 8,5 Std. Bus, endlich wieder Baku. Meine Mitbewohner haben recht bloed geschaut…

Zum erlangen eines iranischen Visums muss man wissen, dass in meinem Guesthouse ein paar Jungs sitzen, die seit bis zu 4 Wochen auf ihres warten.

Habe gerade mit dem Leiter der Visaagentur gesprochen, die das fuer mich erledigt hat: Die Firma ist pleite, gibt's nimmer. Er ist aber ein guter Freund von iranischen Botschafter in Muenchen, sagt er. Der wird dem Kollegen in Baku was faxen, das ist alles kein Problem…. Ich kann nur warten bis Montag vormittag und sehe dann, was dabei rauskommt. Sollte das nicht klappen war's das mit der Route, dann muss umgeplant werden.

So, endlich vier, Bier her! Ein Prosit….

Achmed Wanninger Baku/Azerbadijan 23.9.2009 Teilen Mittwoch, 23. September 2009 um 16:44 Nachdem sich ja mein Iran-Visum an der Grenze als abgelaufen herausgestellt hat und mir das mit den Feierlichkeiten zum Ende des Ramadan ein paar ungeplante Zusatztage in Baku eingebracht hatte war es heute endlich soweit: Die Muslime sind hier endlich auch mit „Eid-al-Fitlr“ feiern fertig (…Ihr müsst Euch das 'mal auf Englisch vorsagen lassen, als Brad undNigel mir erzählten wie das Fest heisst hab' ich zuerst gestutzt… :D) und auch die iranische Botschaft gönnte sich heute einmal wieder ein paar Stündchen Publikumsverkehr. Da ich nicht wollte, dass irgendetwas schiefgeht hatte ich mir denWecker auf 7 gestellt und mich wie auf ein Bewerbungsgepräch vorbereitet: Ohrring raus, ordentlich geduscht, frisch rasiert, Schuhe geputzt, frische Klamotten. Als ich das Haus verliess goss es aus Kannen, in der total überfüllten U-Bahn hatte es ca 60 Grad. Ich kam aber pünktlich bei der Botschaft an und wurde immerhin heringebeten. Das ist gar nicht selbstverständlich, die anderen standen auf einer ArtTreppe und wedelten mit den Visaanträgen zum Fenster herein. Ab und an wurde mit gnädiger Geste einer entgegengenommen. Naja ich war drin und auch sofort dran:

- Was wollen sie? - Ich habe ein Problem mit meinem Visum, das wurde falsch datiert. - Das Visum ist korrekt nur eben abgelaufen. - Ich weiss, meine Agentur hat da einen Fehler gemacht. - Wass soll ich da jetzt tun? - Die Botschaft in München wollte Ihnen da etwas faxen… - Hat sie nicht. - Wenn sie vielleicht 'mal nachsehen würden… - Versuchen sie jemanden in München zu erreichen. -Dort ist es jetzt 6 Uhr… -I can't help you.

Sprach's und verschwand. Aus verschiedenen Filmen wusste ich, dass Geduld wichtig ist, also setzte ich mich in seiner Sichtweite auf einen Stuhl und behielt meinen Pass in der Hand. Nachdem ich nun ca. eine halbe Stunde gänzlich ignoriert wurde fragte er mich:

- Haben Sie jemanden in München erreicht? - Leider nicht, gibt es keine andere Möglichkeit? - I can't help you.

Eine weitere halbe Stunde raunzte er mir aus seinem Schalterkaum hörbar ein „show me your passport“ zu. Ich gab ihm den Pass und er blätterte mit aufreizender Langsamkeit darinherum. Sein Gesicht war äusserst ernst, ich schaute in den Boden. Er meinte:

- Ein neues Visum dauert ungefähr 4 Wochen. - Ich weiss. „ Pause (lang!)“ - Haben sie ein Ticket? - Nein, ich wollte über die Grenze in Astara mit dem Zug. „(Kopfschüttel, Pass zurück)“ - Wenn ich ein Flugticket hätte, gäbe es dann eine Möglichkeit? - Iran Airways? - Ja, gerne, nach Teheran zum Beispiel. - Ich gebe Ihnen die Adresse von Iran Airways, wenn Sie mir einTicket bringen bekommen sie Ihr Visum.

Schwuppdibupp war ich draussen, im Taxi auf dem Weg zu Iran-Air und im Megastau. Im LP geschaut wo ich hinmuss, Taxi bezahlt, im Stau ausgestiegen und im Schweinsgalopp zur Ticket Office.

- Hallo! - Setzen sie sich bitte. Etwas Tee? - Nein, danke ich bin etwas in Eile. Ich hätte gerne ein One-WayTicket nach Teheran. - Das kostet 150 Manat. - Prima, wann kann ich los? - Morgen Mittag. - Sehr schön. - Haben sie ein Visum? -Nein, deswegen brauche ich ja das Ticket. Der Mann in derBotschaft hat gemeint wenn ich es ihm zeigen kann bekomme ich das Visum. - Ich kann Ihnen ohne Visum kein Ticket ausstellen. - Ja, wie jetzt?? - Das ist so. - Können wir in der Botschaft anrufen? - Natürlich, mit wem haben sie da gesprochen? - Mira Said ist sein Name.

„Telefonblabla…“

- Den gibt’s da nicht. Waren sie in der Botschaft? Da gibt’s auch viele Visaagenturen… - Weiss ich, aber ich war sicher in der Botschaft. gibt’s denn eine andere Möglichkeit? - Sie könnten ein Hin- und Rückflugticket nehmen und Visa on arrival beantragen. - Ja, dann so. - Das gilt dann 7 Tage. - Das ist zuwenig, ich fahre zurück zur Botschaft und versuche den Mann zu finden. Kann ich Ihre Telefonnummer haben, dann könnte Sie der anrufen. - Sicher, hier. - Danke, tschüss!

Inzwischen hatte der ältere Herr, der offensichtlich der Geschäftsführer war desöfteren ganz leise interveniert, was sich für mich so anhörte als hätte der eine Idee. Der Arme wurde von seinen Angestellten aber immer wieder mit irgendwelchen Regularien konfrontiert, warum das sicher nicht funktioniert. Nicht mehr allzu guter Hoffnung quetschte ich mich wieder in die U-Bahn und war kurz später wieder bei der Botschaft. Die Traube der Fensterlden war inzwischen riesig, es regnete wieder und man liess mich nicht mehr rein. Die Azerbadijanischen Polizisten, die die Botschaft bewachten, waren allerdings extrem hilfsbereit und veranlassten, dass mir ein Fenster geöffnet wurde. Mein Erstaunen war gross, als ich m Inneren der Botschaft eben den Geschäftsführer der Ticket Office erblickte. Wo kam der so schnell her, der muss geflogen sein? Er verlangte meinen Pass durch das Fenster. Ich gab ihn ihm. Er wollte 70€. Auch die bekam er. Noch ein Passfoto. (Immer mitnehmen, ist wichtig!) Dann kam er raus und ging mit mir zum Antragsformularausfüller um die Ecke. (Ja, das gibt's, hier kann nicht jeder schreiben.) Der hatte sein Büro in einem Schuhkarton und da sassen bereits 5 Leute drin. Mein Pass war in der Botschaft, ob ich eine Passkopie hätte? Yessss, ich hab' echt an alles gedacht! Zurück zur Botschaft. Nach dreimaligen Fehlversuch wurde ich tatsächlich eingelassen. Dort fragte mich mein wortkarger Freund vom Vormittag, ob mir 30 Tage ab heute genügen wuerden. Nachdem ich damit fertig war seine Füsse zu waschen und seine Hände zu küssen sagte ich unter Tränen: Ja! In seiner unwiederstehlich coolen Art erklärte er mir:

  1. Sie bekommen Ihren Pass in der Ticket Office.
  2. Allah ist gross!
  3. Das ist er.

Zurück im Office 150 Manat bezahlt, gerade eben den Pass abgeholt. Jetzt sitze ich gerade in einer Gambrinus-Bierwirschaft (tschechisch), feiere meinen kleinen/grossen Erfog und freue mich gerade (…verzeihung bitte…) ein zweites Loch in den Arsch. Route wird nicht umgeschmissen, weiter geht’s, morgen um 12.30 bin ichin Teheran.

Inshallah!

Iran

Orientation Teheran / 25.09.2009

Freitag, 25. September 2009 um 20:46

Teheran ist gross!

Sehr gross sogar.

Ca. 15 Mio. Einwohner bevölkern die Stadt und irgendwie hat man den Eindruck, dass die alle immer da sind, wo man selbst gerade ist.

Als ich gestern nachmittag in meinem Hotel eintraf fiel mir sofort auf, dass in dieser Ecke der Stadt mit Autoteilen gehandelt wird.

Und zwar ausschliesslich!

Da meine bevorzugte Abendgestaltung hier nicht durchführbar ist und ich ausserdem Hunger bekam musste ich Abends nochmal raus um irgendwo zu essen und mich mit (antialkoholischen…) Getränken und Knabberzeug eindecken.

Dafür brauchte ich ein Restaurant und einen Lebensmittelladen.

Das sollte lösbar sein!

Als ich nach mehreren Kilometern immer noch an Läden mit Alufelgen, Sportauspuffen, Tuningkrimskrams und gebrauchten Ersatzteilen entlanglief schwand meine Hoffnung aber allmählich.

In einiger Entfernung sah ich zu meiner Freude eine Mall.

Juhu, denk' ich mir, in einer Mall gibt’s alles!

Da gab's auch alles, nämlich alles für's Auto.

Das hätte mir der überdimensionale Autorreifen auf dem Dach schon signalisieren sollen.

Da ich nun genug Autoteile gesehen hatte bog ich in eine andere Strasse ein.

Plötzlich überall Handys.

Keine anderen Geschäfte, keine Restaurants, nur Handys.

Plötzlich passierte ich ein schmuddeliges Fast-Food Restaurant.

Unmittelbar dahinter gab es plötzlich nur noch Kamine mit künstlicher Glut (Plastikholzscheite, von innen mit LEDs beleuchtet, die blinken und wohl so aussehen sollen wie Kaminfeuer).

Ich weiss zwar nicht wie gut sich derlei Geschmacklosigkeiten hierzulande verkaufen, aber der nächste Strassenzug schien davon zu leben.

Ich wollte mein Glück nicht überstrapazieren und ging zurück zu dem Fast-Food Schuppen.

Ein mittelprächtiges Chicken Kebab später war ich zwar einigermassen satt, Getränke und Knabberzeug hatte ich aber immer noch nicht.

Also weiter!

Nach dem Kaminzeug kamen erstmal Hochzeitseinladungen.

Jawoll, eine ganze Strasse lang nichts anderes.

Rum um's Eck: Nüsse.

Gut so, ich kam der Sache langsam näher, kaufte eine Tüte Pistazien.

Nächste Kreuzung Obst und Gemüse: 1 Kg. Weintrauben.

Links rum: Schuhe.

Falsch!

Zurück, rechts rum: Bonbonstrasse.

Ein Kilo Bonbons gekauft. (Die fragen hier nicht lange, man kauft immer ein Kilo.)

Nachdem ich noch durch die Sockengasse, das Fischviertel und die Discoequipmentgasse (wofür brauchen die das hier?) geirrt bin sah' ich schon wieder die falschen Kaminfeuer.

Also kaufte ich in dem schäbigen Imbiss noch ein paar Flaschen Cola und machte mich auf zum Hotel um dort einen Leseabend zu verbringen.

Nun mag der eine oder andere Unternehmensberater argumentieren, dass es ökonomischer Blödsinn ist sich als Ladenbesitzer derart massiver, direkter Konkurrenz auszusetzen, aber für den Traveller ist das ideal:

Sollte man sich einmal verlaufen haben muss man eigentlich nur in Richtung Handygebimmel gehen, bei falschem Kaminfeuer links abbiegen, dann den Pistazienschalen folgen bis man auf das erste Bonbonpapier stösst.

Dieser Spur hinterher, riecht's dann nach Fisch ist man richtig und sollte recht bald die erste Alufelge glänzen sehen.

Voila, zuhause!

Ich suche morgen erstmal die Biergartenroad, die Hardrockstreet und die Tabledance Ave., dann ist alles prima.

Ach, ja, ein Lebensmittelgeschäft wäre nach wie vor nicht schlecht, ich vermute das aber in einem anderen Stadtteil.

Dirk

...und ich hätte echt lust auf ein Bier!

1.10.2009

Banken:

Dass es hier keine Supermärkte und auch kaum Restaurants gibt hat einen einfachen Grund:

Es gibt Banken. Und zwar viele, mancherorts eigentlich nur.

Allerdings bin ich mir nicht sicher, dass das Wort „Bank“ im iranischen dasselbe bedeutet wie im Deutschen. Man kann dort nämlich beispielsweise kein Geld wechseln.

Abheben kann man mit westlichen Kreditkarten auch keines.

Ist aber nicht schlimm, dafür gibt’s ATMs.

An jeder Bank mindestens einen und sonst auch an jeder Ecke.

Diese Geldautomaten akzeptieren unglaublich viele Karten, vorrausgesetzt es sind Delfine, Schildkröten, Vögel, Fische oder anderes Getier darauf abgebildet.

Blumen und Pflanzen gehen auch.

Da auf meinen Karten aber nix abgebildet ist, sondern nur so unsinnige Dinge wie Visa, Mastercard oder Mastro draustehen kann man mit denen hier also nichts anfangen.

Bleibt also nur Bargeld wechseln.

Das Prozedere ist folgendes: Man geht in eine Wechselstube, kramt den Fabelbetrag von 300 USD heraus, der Wechselmann wird bleich um die Nase, nimmt das Geld, rennt aus seiner Wechselbude in die Bank nebenan, kommt wieder raus, winkt freundlich, geht in die nächste Bank, kommt schweissüberströmt zurück und hat den Betrag in iranischen Rial dabei.

(Jetzt wissen wir auch für was die Banken da sind…)

Da man für einen Dollar 10000 Rial bekommt war ich etwas verdutzt, als ich beim Nachzählen etwa 500000 in der Hand hatte.

Damit wären wir auch schon beim nächsten Thema:

Geld:

Ich schau' den Packen Geld in meiner Hand skeptisch an, der Wechsler mich.

Ob etwas nicht stimmt fragt er.

Ich sage ihm, er müsse sich da vertan haben.

Er holt seinen Taschenrechner, tippt darauf herum und zeigt mir die Zahl 2980000.

Ich gebe ihm zu verstehen, dass ich aber nur etwa 500000 habe und er schaut mich an als ob ich bescheuert wäre.

Also zähle ich ihm vor: Ich habe 9 x 50000 ein paar wo 50 drauf steht (…ist also gar nix…), das sind insgesamt ca. 500000.

Jetzt versteht er und klärt mich auf: Die Scheine wo 50000 draufsteht sind 5000 wert, die wo 50 draufsteht 500000 (!).

Ahh, sorry, mein Fehler, dankeschön, tschüss!

Busticket:

Iranische Busse sind toll!

Luxusliner mit Klimaanlage, jede Menge Beinfreiheit, fahren alle Nase lang und sind echt billig.

Schwierig ist nur erstmal an Bord zu kommen.

Das läuft folgendermassen:

Man läuft mit Gepäck auf den Busbahnhof, jemand fragt höflich wo man hinmöchte, man antwortet, es wird einem ein Bus zugewiesen, das Gepäck verstaut, man setzt einen Fuss auf die Stufe zur Eingangstür und schon geht’s los:

Jemand im Inneren schaut Dich grimmig an und deutet Dir dass Du wieder raus musst.

Also rückwärts.

Das passt dem, der Dich in den Bus geschickt hat gar nicht und der schiebt Dich wieder rein.

Der andere wieder raus.

Der Reinschieber hat Verstärkung bekommen und brüllt jetzt auf den Rausschieber ein.

Dem kommt der Busfahrer zu Hilfe und beide schieben die Reinschieber vom Bus weg.

Währenddessen schnappt man sich einen unbeteiligten Busmitarbeiter, und verlangt sein Gepäck aus dem Bauch des Busses zurück.

Das hat blöderweise der Reinschieber mitbekommen, nimmt den Rucksack und pfeffert den mit Wucht wieder in den Kofferraum des Busses.

Inzwischen keifen Frauen in Burkas aus dem Inneren des Busses auch noch anfeuernd auf das Rein- Rausschieber Handgemenge ein und irgendwie jeder, der an diesem Busbahnhof gerade Lust auf Ärger hatte (…und das sind viele!) macht mit.

Das ist dann die Gelegenheit sich unauffällig sein Gepäck zu schnappen und einfach in den nächsten Bus einzusteigen.

Im Wegrollen kann man sich das Geschehen, welches inzwischen Bürgerkriegsähnliche Ausmasse angenommen hat, dann gemütlich von seinem klimatisierten Logenplatz aus anschauen.

Essen:

Irgendwie bekomme ich das nicht hin:

Immer wenn ich ein Restaurant suche finde ich keines, hab' ich gerade keinen Hunger ist eins am anderen.

Ich glaube allerdings ich komme allmählich dahinter: Die haben nur zu den Zeiten auf, wenn die Iraner essen.

Ansonsten sind die verrammelt und nicht als Restaurants zu erkennen.

Somit kann man dann eben auch nicht sagen: OK, da ist eins, komm' ich halt später nochmal.

Heute nachmittag war's dann wieder soweit.

Und diesmal hab' ich tatsächlich eines gefunden in dem sogar Leute sassen.

Ich gehe an den Tresen um zu bestellen, der Chef legt mir die Karte hin.

Ich studiere interessiert die arabischen Schriftzeichen auf der Karte und kratze mich am Bart.

Der Chef versteht meine Lage, saust aus seinem Geschäft und kommt mit einen jungen Burschen im Schlepptau zurück.

Der fragt: Can I help you?

Oh, yes, I can't read this.

No problem, what do you want?

I'd like to have a chicken kebab with rice, some salad and one coke, please.

No problem!

Er übersetzt, ich bedanke mich und er verschwindet.

Ein paar Minuten später kommt auch schon mein Essen:

Eine Suppe, eine Pizza und eine Mirinda.

Na also, geht doch!

Strassenverkehr:

Dass Fussgänger auf der Strasse nix verloren haben hab' ich auf dieser Reise gelernt.

In Teheran ist das ganz besonders so:

Beim Versuch nachts eine vierspurige Haupstrasse zu überqueren konzentrierte ich mich zunächst darauf, was da von links kommen möge.

Das ist nicht so einfach weil es kaum Strassenbeleuchtung gibt und ca. die Hälfte aller Fahrzeuge unbeleuchtet herumfahren.

Damit, dass ich aber von rechts angehupt werde und um Haaresbreite von einem Motorrad angefahren werde, welches unbeleuchtet und mit aberwitziger Geschwindigkeit in den Gegenverkehr rast hatte ich nun echt nicht gerechnet.

Ich dachte schon das sei ein Einzelfall, aber es zeigte sich bald, dass eigentlich alles, Linienbusse, Polizeiautos, Rikschas… jederzeit überall und in jeder Richtung unterwegs ist.

Da mir Strassenüberquerungen so einfach zu gefährlich sind warte ich neuerdings immer bis ein Einheimischer vorbei kommt, hake mich unter und lasse mich über die Strasse bringen.

Die wehren sich anfangs zwar immer ein bisschen, meinem Griff entkommen sie aber nie.

Gehsteige:

Der gefährlichste Ort an dem man sich im Iran aufhalten kann ist der Gehsteig in Teheran:

Prinzipiell ist der nämlich nicht zum Gehen gedacht sondern gehört noch mit zur Strasse.

Alles was da draufpasst fährt da.

Und zwar Vollgas.

Das heisst man wird auf dem Gehsteig angehupt und muss dann schleunigst zur Seite springen, sonst wird man von einer Vespa, einem Motorrad oder einem indischen Kleinwagen überfahren.

Beim ersten Mal hab' ich noch deutschdoof interveniert, ein paar Strassenecken später wusste ich dann aber Bescheid:

Ein Mann kommt aus einem Autoersatzteileladen, betritt den Gehsteig, wird von einem Motorrad auf dem 2 Mann sitzen überfahren und stürzt.

Das Moped bremst, die beiden scheissen den Mann, der sich gerade hochrappelt ordentlich zusammen und er entschuldigt sich, wie sich das gefälligst gehört.

Die Burka:

Ich hasse diese Gewänder!

Nicht aus menschenrechtlichen, politischen oder religiösen Gründen sondern aus praktischen:

Erstens sind die Dinger viel zu lang.

Ich als berüchtigter „Aufderhochzeitderbrautaufdieschleppelatscher“ mache da konsquenterweise auch vor auf dem Boden schleifenden Burkas nicht halt.

Wenn ich jetzt also von hinten so einem schwarzen Gespenst auf die Burka steige macht diejenige die da drinnensteckt zwangsläufig eine Vollbremsung.

Das wird dann immer mit extrem bösen Blicken vom Burkainhalt und dem männlichen Begleiter quittiert.

Zweitens sind die Frauen hierzulande unheimlich klein.

Da man permanent von irgendwelchen Minaretten, goldenen Kuppeln und anderen Sehenśwürdigkeiten abgelenkt ist orientiert man seinen Blick automatisch eher nach oben.

Zudem hat das Unterbewusstsein längst registriert, dass weiter unten weder mit engen Jeans, tiefen Dekolletes oder Miniröcken zu rechnen ist also gibt es auch keinen Grund nach unten zu schauen, oder?

Oh, hoppla, sorry!

Drittens sind die Damen aber auch dermassen verhüllt, dass die ein enorm eingeschränktes Sichtfeld haben und somit wie Betrunkene in der Gegend herumtorkeln.

Alkoholverbot:

Ich begrüsse das!

Man stelle sich nur 'mal vor:

Man trinkt etwas in einer Bar.

Am Ende des Abends gibt man ein paar 50er Trinkgeld, wird beim Verlassen des Ladens von einem Motorrad überfahren, muss dann noch eine Strasse überqueren und rennt anschliessend ein paar unsichtbare, weil schwarz gekleidete und viel zu kleine Burkaträgerinnen über den Haufen.

Das wäre fatal!

 
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